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Copyright by Fay Andersen

Die Empathin

Leseprobe aus "Die Empathin":
Nur langsam wachte Mel auf. Sie wusste weder wo sie war, noch wie sie dort hingekommen war. Sie konnte noch nicht einmal sagen, ob es Tag oder Nacht war, denn als sie die Augen öffnete, sah sie nichts außer schwarze Finsternis. Es war so dunkel, dass sie nicht mal die Hand vor den Augen gesehen hätte. Sie fühlte, dass sie auf etwas Weichem lag, einer Matratze. Sie hatte furchtbare Kopfschmerzen, und als sie nun versuchte, die Arme zu bewegen, verspürte sie einen heftigen Schmerz an den Händen und den Armen. Leichte Angst machte sich bemerkbar. Sie war verwirrt, denn irgendwas stimmte hier definitiv nicht. Wo war sie? Je mehr sie sich bewegte, desto mehr Schmerzen verspürte sie. Sie wollte sich aufrichten, doch sie knickte mit der rechten Hand ab, als ein stechender Schmerz bis hinauf zum Ellenbogen zog. Ihr war plötzlich schlecht, aber sie versuchte dennoch aufzustehen, diesmal jedoch langsamer und vorsichtiger. Als sie aufrecht saß, hämmerte ihr Kopf und ihr Magen rebellierte, doch sie hatte sich noch halbwegs unter Kontrolle. Sie versuchte sich umzublicken, doch ihre Augen gewöhnten sich nur schwer an die Dunkelheit. So wie es aussah, war in dem Raum kein Fenster, denn von nirgendwo viel auch nur etwas Licht. Ganz langsam versuchte sie nun, aufzustehen. Es gelang ihr recht gut, auch wenn der Kopf noch immer weh tat, und der Magen sich ein weiteres Mal überschlug. Als sie sich einigermaßen sicher war, dass ihre Füße sie tragen würden, wagte sie den ersten Schritt. Dabei streckte sie die Hände nach vorne vom Körper weg. Sie machte grade mal vier vorsichtige Schritte, schon stieß sie mit den Handflächen gegen eine kalte Mauer. Sie fühlte sich an, als wäre sie aus rauem Putz, wie man es von Kellerräumen kennt. Sie beschloss den Raum einmal abzugehen, indem sie sich mit den Händen an der Wand entlang tastete und ging nach rechts, immer vorsichtig einen Schritt nach dem Nächsten, und so kam sie schon bald in die erste Ecke des Raumes. Von dort ging sie nur wenige Schritte, bis sie die nächste Ecke erreichte. Dieser Raum konnte nicht besonders groß sein. Als sie nun weiter laufen wollte, stieß sie mit ihren Zehen gegen etwas Weiches und hätte fast geschrien, weil sie sich so erschrocken hatte. Zum Glück ging sie langsam und hielt die Hände an der Wand, sonst wäre sie gefallen. Aber dann viel ihr die Matratze wieder ein, auf der sie gelegen hatte und als sie sich bückte und mit den Händen darüber strich, bestätigte sich ihre Vermutung. Sie umrundete sie vorsichtig und fand die Wand mit den Händen wider. Als sie die dritte Ecke des Raumes erreichte, fühlte sie gleichzeitig eine Erhebung in der Wand daneben. Sie fühlte sich glatter an als die Wände. Irgendwann fand sie dann auch Scharniere. Sie hatte die Tür gefunden. Komischerweise drang kein bisschen Licht hindurch. War es Nacht? Aber selbst in der Nacht war es nicht völlig dunkel. Sie suchte den Türgriff, fand ihn schließlich und legte die Finger der rechten Hand darum. Ihr Herz klopfte, auch wenn sie sich wenig Hoffnung machte. Als sie die Klinke dann herunterdrückte und gleichzeitig nach hinten zog, bewegte sich die Tür keinen Millimeter. Mel probierte die Tür aufzumachen, indem sie gegen die Tür drückte– wieder nichts. Die Tür blieb zu. Was war ihr nur geschehen? Was war mit Tom? Ganz langsam dämmerte ihr, dass etwas Schlimmes passiert sein musste und wohlmöglich war es noch nicht vorbei. Nun hatte die Angst endgültig von ihr Besitz ergriffen. Tränen liefen ihr über das Gesicht, sie bekam kaum noch Luft, dann übergab sie sich direkt neben der Tür.

Nachdem sie sich übergeben hatte, ging sie weinend und mit brennender Kehle zurück zur Matratze. Sie setzte sich vorsichtig darauf und rutschte dann bis nach hinten, sodass sie mit dem Rücken an der Wand lehnen konnte. Sie war einem Schreikrampf nahe, doch sie wollte nicht schreien, denn wer auch immer sie hier eingesperrt hatte, war mit Sicherheit kein netter Zeitgenosse und sie wollte ihm nicht zeigen, dass sie wach war. Er würde sich noch früh genug blicken lassen.
Sie versuchte, sich an den letzten Abend zu erinnern. War überhaupt noch Samstag? Sie konnte sich nicht sicher sein. Sie erinnerte sich daran, wie sie sich zu Hause umgezogen und zu Recht gemacht hatte. Sie hatte kurz ihre Schwester angerufen und war dann los gefahren. Sie hatte sich mit Tom in einer Bar in der Stadt treffen wollen, daher hatte sie am Gilliam Park geparkt, denn es war von dort aus nicht weit, bis in die Innenstadt. Sie marschierte den Fußweg entlang und hatte innerhalb von fünf Minuten die Bar erreicht. Tom hatte bereits draußen auf sie gewartet. Sie waren hineingegangen und hatten sich einen Fensterplatz gesichert und etwas zu trinken und eine Kleinigkeit zu Essen bestellt. Den ganzen Abend über haben sie jede Menge gelacht, und als die Bar irgendwann voller und somit lauter wurde, wollten sie zu Mel nach Hause fahren. Sie waren in Richtung Park gegangen, das wusste sie auch noch, aber ab dort hörte ihre Erinnerung auf. Danach war alles schwarz. Hatte Tom ihr das angetan? Aber sie konnte und wollte sich das nicht vorstellen. Sie kannte ihn immerhin schon eine Weile und er war immer so nett und witzig gewesen. Er wollte noch nicht mal mit in ihre Wohnung kommen, sie hatte ihn erst dazu überreden müssen. Aber wenn er es nicht gewesen ist, wer dann? Und wo war Tom? Der Kerl, der Mel das angetan hatte, konnte doch unmöglich sie und Tom außer Gefecht gesetzt haben. Immerhin war Tom nicht grade schmächtig.
Mel fielen auf diese Gedanken keine Antworten ein. Sie fühlte sich immer noch etwas benommen aber wenigstens hatte sich ihr Magen wieder beruhigt. Sie schloss die Augen, denn ob sie auf oder zu waren, machte bei dieser Finsternis keinen Unterschied. Dann hörte sie über sich ein Geräusch.
 
Sie hörte etwas klicken und dann einrasten und etwas quietschte leise. Als Nächstes hörte sie einen dumpfen Schlag. Eine Tür. Sie konnte Schritte hören, harte Absätze, die über Holzboden liefen. Eine Zeit lang war Stille doch plötzlich hörte sie, wie jemand oben eine weitere Tür öffnete. Dieses Geräusch hörte sich jedoch schon viel näher an. Als Mel dann noch hörte, wie jemand mit schweren Schritten, die immer lauter wurden, die Treppe herunterkam, wusste sie, dass nun der Augenblick gekommen war, an dem sie ihren Entführer das erste Mal sah. Sie überlegte, ob sie sich wieder hinlegen und so tun sollte, als würde sie noch immer schlafen. Sollte sie einfach sitzen bleiben und abwarten oder sollte sie wohlmöglich zur Tür gehen und versuchen, den Kerl zu überrumpeln? Sie tendierte zwischen der ersten und der zweiten Möglichkeit, da sie sich nicht in der Lage fühlte, große Kräfte aufzubringen und da sie schließlich auch nicht wusste, wer ihr Entführer war. Mittlerweile waren die Schritte bereits sehr nah. Er musste gleich vor der Tür stehen. Schnell legte sie sich auf den Rücken, mit dem Gesicht zur Wand, die Beine lang ausgestreckt. So hatte sie auch gelegen, als sie aufgewacht war. Sie schloss die Augen und hörte gleichzeitig, wie ein Schlüssel ins Türschloss gesteckt und umgedreht wurde. Kurze Zeit später öffnete jemand die Tür. Auch durch die geschlossenen Augen nahm Mel das plötzliche Licht wahr, das jetzt in den Raum flutete. Trotzdem blieb sie bewegungslos liegen. Dann hörte sie ein hohles Lachen. „Aber Mel. Ich weiß doch, dass du wach bist. Nicht nur deine Kotze hat dich verraten.“. Die Stimme hörte sich tief und dumpf an, wie bei jemandem der sich etwas vor den Mund hält, während er spricht. Sie konnte nicht sagen, ob sie die Stimme kannte. Ihre Augen ließ sie weiterhin geschlossen. „Es ist keine gute Idee von dir, gleich am Anfang mit dem Lügen anzufangen.“. Grade überlegte sie, dass es vielleicht besser wäre, sich nicht mehr schlafend zu stellen, da wurde sie auf einmal mit voller Wucht an den Haaren gezogen. Ihr Kopf flog mit einem Ruck nach hinten. Sie schrie vor Schreck und vor Schmerz laut auf, denn ihre Kopfhaut brannte und sie spürte, dass er ihr bei dieser Aktion auch ein paar Haare rausgerissen hatte. „Das ist wirklich alles andere als klug.“, sagte der Fremde mit scharfer Stimme. Jetzt war er ganz nah an ihrem Ohr, sie konnte seinen Atem hören, dann sagte er leise aber immer noch bedrohlich: „Lüg mich nie an!“. Dann ließ er ihre Haare wieder los. „Steh auf!“, befahl er.
Diesmal gehorchte Mel ihm. Umständlich stand sie auf. Sie hatte Angst, sich ihm gegenüberzustellen und ihm in die Augen zu sehen, denn wenn sie ihn sah, war er vollends real und ihr Gehirn würde endgültig verstehen, dass sie in großen Schwierigkeiten war, aus denen sie wahrscheinlich nicht mehr lebend herauskam. Deshalb ließ sie jetzt den Kopf gesenkt, als sie vor ihm stand. Ihr Blick viel somit auf seine untere Körperhälfte und sie konnte erkennen, dass er schwere schwarze Army Boots trug und dazu eine sehr dunkle Jeanshose. Anhand der Schuhe, die riesig waren, konnte sie sich ausmalen, wie groß der Kerl war. Ein Angstschauer lief ihr über den Rücken. Er lachte. Es klang fies. Dann fragte er sie: „Was ist? Traust du dich nicht, mich anzusehen?“. Mel sagte nichts. Sie war wie gelähmt vor Angst.
„Okay. Es gibt ein paar einfache Regeln für dich. Befolgst du sie, gut für dich. Befolgst du sie nicht, umso besser für mich.“, sagte er jetzt und lachte wieder. Man konnte ihm die Vorfreude auf das Kommende schon jetzt deutlich anmerken. „Wenn ich dich etwas frage, antwortest du mir. Ansonsten bist du still. Wenn ich dir etwas sage, dann befolgst du meine Anweisungen. Ansonsten tust du gar nichts. Hast du das verstanden?“
„Ja.“, gab Mel als leises Flüstern zurück.
„Sehr gut soweit. Und jetzt, sieh mich an!“. Er genoss seine Rolle merklich. Mel hob den Kopf. Sie musste ein ganzes Stück weit nach oben sehen, bis sie sein Gesicht sah, denn er war sehr groß und bullig, keineswegs jedoch dick. Das schwarze T-Shirt, welches er trug, spannte über seinem Oberkörper, man konnte ganz deutlich jeden Muskel erkennen und auch die Oberarme waren riesige Muskelpakete. Er sah aus wie ein Bodybuilder. Seine Haare waren raspelkurz, welche Farbe sie hatten, konnte sie allerdings nicht sagen, denn dafür war das einfallende Licht zu schwach und er stand viel zu weit im Raum. Sein Gesicht konnte sie ebenfalls nicht erkennen. Es war von einer weißen Maske bedeckt, wie man sie aus bestimmten Theaterstücken kannte. Es gab nur zwei Löcher für die Augen, für die Nase und einen kleinen schmalen Spalt für den Mund. Sein Gesicht wirkte dadurch sehr ausdruckslos. Mel zweifelte nun nicht mehr daran, dass dieser Kerl es geschafft hatte, sie und Tom gleichzeitig auszuschalten. Zugleich ließ es sie das Schlimmste, über Tom’s Schicksal sowie über ihr Eigenes erahnen. Ein erneuter Angstschauer durchfuhr ihren Körper. Seine Augen ruhten auf ihrem Gesicht.
„Also gestern Abend hast du mir noch besser gefallen. Jetzt siehst du einfach nur verheult aus.“, als er das sagte, streckte er den Daumen der linken Hand aus und wischte ihr einmal unsanft unter dem rechten Auge entlang. Mel zuckte vor Schreck zusammen und schloss die Augen. Mit dieser plötzlichen Bewegung hatte sie nicht gerechnet. Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie an seinem Daumen die Rückstände von etwas Schwarzem. Überreste ihres Make-ups.
(...)
 
Copyright by Fay Andersen

 
 
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